Öffentliche Daseins- vorsorge statt Spenden 

Kritik am Abbau des Sozialstaats

In Frankfurt gibt es viele lokale Vereine, Initiativen und Organisationen, die Personen in Not unter-stützen. Das sind beispielsweise Essensausgaben, Kleiderspenden, Obdachlosenaufenthalte oder Nachbar-schaftscafes. Bereits durch die Corona-Pandemie ist es zu einer enormen Belastung dieser Initiativen gekommen, da es schlichtweg mehr Personen gab, die soziale Leistungen, z.B. der Tafel, in Anspruch nehmen mussten. Durch die explodierenden Energie- und Lebensmittelpreise hat sich die Lage weiter zugespitzt: Immer mehr Personen sind mittlerweile auf diese Art der Grundversorgung angewiesen. Und nicht nur das: Ebendiese Teuerungen gefährden die sowieso schon unterversorgten Initiativen massiv. Sie sind meist auf Spenden angewiesen und finanziell schlecht ausgestattet. Eine Finanzierung durch den Bund oder die Stadt Frankfurt gibt es dabei nicht oder nur zu geringen Teilen.

Kein Geld zum Essen

Regelmäßig liest man von der Überforderung der Tafeln in ganz Deutschland. In Frankfurt werden beispiels-weise seit Anfang November keine neuen Personen mehr versorgt. Außerdem appelliert auch die lokale Tafel an Lebensmittel- und Geld-spenden von Frankfurter*innen. Allerdings verteilt die Tafel kein Essen an alle, sondern nur an bestimmte Personen. Man braucht: Einen gemeld-eten Wohnsitz, einen Personalausweis und einen Nachweis der Bedürftigkeit. Das können sein: Der Frankfurt Pass, ein Leistungsbescheid für Familien, ein Behindertenausweis oder ein Rentenbescheid (die Monatsrente darf hier nicht höher als 870 Euro sein). Demnach erhalten z.B. wohnungslose Personen oder Menschen ohne Papiere keine Unterstützung. 

Demgegenüber bietet die ada_kantine als solidarische Küche und Nachbarschaftstreff in Bockenheim frisch gekochtes, gesundes Essen für alle an. Es ist kein Nachweis notwendig, die Gerichte sind entweder kostenlos oder werden auf Spendenbasis angeboten. Angesichts der steigenden Zahl an Menschen in finanzieller Not kommen immer mehr Menschen zur
ada_kantine. Es wird immer schwieriger, das benötigte Essen zu kochen, um alle zu versorgen.  

Rückzug des Sozialstaats 

Statt selbst konkrete Unterstützung für Hilfesuchende zu bieten, die ihre Energierechnungen nicht mehr zahlen können, gibt die Stadt Frankfurt mal wieder Verantwortung ab. Sie hat im November 2022 die Kampagne #weitergeben ins Leben gerufen. Diese appelliert an gutverdienende Frank-furter*innen, die von der Bundes-regierung ausgezahlte Energie-pauschale in Höhe von 300 Euro zu spenden. Damit sollen soziale Projekte für Hilfsbedürftige finanziert werden. Nach dem Motto: Hoffen auf die Gönnerschaft der Vermögenden statt selbst Geld in die Hand zu nehmen. Dieser Minimalaufwand soll den Eindruck erzeugen, dass „schon etwas getan werde“. An welche sozialen Projekte das Geld geht, ist genauso unklar, wie, ob das Geld jemals bei den Betroffenen ankommt, die es wirklich brauchen. Ein weiteres Beispiel für den Rückzug des Sozialstaates und die öffentlichkeitswirksame Vermarktung von Almosen.

Schlafen auf dem U-Bahn-Boden 

Ein weiteres Beispiel für einen Minimalaufwand ist die Unterbringung wohnungsloser Personen in der B-Ebene des Eschersheimer Tors im Winter. Hier gibt es Übernachtungs-möglichkeiten für Personen ohne Wohnsitz – mit Isomatten auf dem Boden und bis max. 6 Uhr morgens. Auch bei tiefsten Minustemperaturen dürfen Personen nur bis maximal 10:30 Uhr im Wintercafé der U-Bahnstation bleiben. Mitten im Winter Menschen auf dem kalten Boden einer U-Bahnhaltestelle schlafen zu lassen, liest sich wie ein schlechter Scherz. Kälte, Schmutz, fehlende Privatsphäre, keine Duschmöglichkeiten, Wecken um 6 Uhr morgens. Die Liste ließe sich erweitern. Die Zustände in der B-Ebene sind noch katastrophaler als in den Sammelunterkünften, in denen Menschen teilweise seit Jahren leben.

Ehrenamt reicht nicht   

Die Arbeit von zivilgesellschaftlichem Engagement ist wichtig. Das entbindet Kommunen aber nicht von ihrer
Verantwortung. In allen Bereichen des ehrenamtlichen Engagements wird deutlich: Es wird immer schwieriger, nicht-bezahlte Arbeit zu leisten. Viele ehrenamtliche Helfer*innen sind durch Inflation und Krise schlichtweg mit dem Bestreiten ihres eigenen Alltags beschäftigt. Spendengelder und ehrenamtliches Engagement reichen oftmals nicht aus, um alle Hilfesuchenden versorgen zu können. Deshalb muss die Grundversorgung von Menschen von kommunaler Seite finanziell gedeckt sein, da Initiativen trotz riesigen Bedarfes momentan in ihrer Existenz bedroht sind.   
Dabei liegen verschiedene Vorschläge für konkrete Entlastungen auf dem Tisch: Härtefallfonds,  Mietenabsenk-ung bei der städtischen ABG, ein Sozialtarif bei der Mainova etc., die realpolitische Minimalforderungen werden nicht umgesetzt. Dabei ist es die Aufgabe des Staates, sich um das Wohl der Menschen zu kümmern und besonders Menschen in Notlagen zu schützen. Die Stadt Frankfurt – und keine Ehrenamtler*innen oder Spender*innen – muss für die Grundversorgung der Menschen aufkommen! 

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